Weiter um den Erhalt einer vielfältigen Kulturszene in Düsseldorf kämpfen und gemeinsam mit Künstler*innen und Kulturszene nachsteuern, auch in schwierigen Corona-Zeiten
Der Rat der Künste Düsseldorf sieht den Ernst der Lage in der aktuellen Corona-Krise und unterstützt die beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, auch wenn sie aus Sicht der Kulturschaffenden nicht frei von Widersprüchen sind. Wir begrüßen ausdrücklich die Maßnahmen zur Unterstützung der Kulturszene, die auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene ergriffen wurden.
Aktuell müssen wir leider aber davon ausgehen, dass die Pandemie einschneidend das öffentliche Leben im ganzen nächsten Jahr beeinflussen wird. Ein Ende ist nicht absehbar und wir alle werden noch lange mit Corona leben müssen.
Die Krise hat aber auch viele Energien freigesetzt, Erfindungsreichtum wurde sichtbar, unkonventionelle Lösungen wurden gefunden, die notwendigen Gelder zum Teil kurzfristig mobilisiert. Wir verstehen diese solidarische Haltung gegenüber den Kulturschaffenden als Auftrag, unseren Beitrag zu einer Bewältigung der Krise zu leisten. Wir wollen diese Aufgabe gerne annehmen und die politischen Entscheidungsträgerinnen auffordern, sich weiterhin zu Fürsprecherinnen zu machen für die wichtige gesellschaftliche Aufgabe, die der Kunst zukommt.
In diesem Sinne empfehlen wir der Verwaltung und der Politik in NRW wie in Düsseldorf:
- gemeinsam mit den Betroffenen Maßnahmen und Strategien für den Kulturbereich zu entwickeln, um sinnvoll nachzusteuern
- mittel- und langfristig zu handeln, um für alle Beteiligten soviel Planungssicherheit wie möglich zu geben
- das kulturelle Angebot und die Arbeit der Künstler*innen unserer Stadt ernst zu nehmen und nicht bloß der Freizeitgestaltung zuzuordnen, sondern sie als integralen gesellschaftlichen Bestandteil auch unter schwierigen Vorraussetzungen zu verteidigen.
Konkret schlagen wir vor:
- für die kommenden Monate auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse sorgfältig nachzusteuern, um kulturelles Leben Schritt für Schritt ohne große Risiken zu ermöglichen. Dabei gilt es die bereits erarbeitete Hygiene- und Schutzkonzepte im Einzelfall zu prüfen und ggf. in Absprache mit den Betreiber*innen weiter zu entwickeln, um die Besonderheiten des Kulturbetriebes zu berücksichtigen. „Der hektische Umgang mit Erlassen unter Ausklammerung der besonderen Situation der Kulturstätten muss ein Ende haben“ (Kulturrat NRW)
- die aufgespannten Rettungsschirme (u.a. Neustart, Überbrückungshilfen, Kulturstärkungsfonds, Schnittstellenförderung) zeigen Wirkung und helfen die Auswirkungen der Pandemie abzumildern. Sie müssen aber weiter gedacht und angepasst werden, da immer noch Künstler*innen, Soloselbstständige und Institutionen durch das Raster fallen. Dazu gehört eine kontinuierliche Information und Beratung durch die Fachleute der Verwaltung um Zugangshürden zu senken.
- stabile Fördermöglichkeiten sowie Unterstützung der Künstlerinnen über die kritische Phase der Pandemie hinaus, um Planungssicherheit zu schaffen, in dem möglichst frühzeitig auf allen Ebenen (Kulturausschuss, Beiräte, Jurys) Entscheidungen für das kommende Jahr getroffen werden. Das Jährlichkeitsprinzip soll ausgesetzt werden, um geplante (und bereits finanzierte) Projekte ins nächste Jahr verschieben zu können. Rechtzeitig die Ankaufsetats der städtischen Einrichtungen freigeben (und zu erhöhen), Künstlerinnen-Verträge in der kulturellen Bildung abschließen
- die unterschiedlichen Vorschläge, die aus der Künstlerschaft kommen (z.B. Kunstkoop, Werkkunsthaus, Centspende, kostenfreie Werbeflächen der Stadt) ernsthaft zu prüfen und ggf. aktiv zu unterstützen, damit sie gemeinsam umgesetzt werden können.
- weitere Unterstützung der strukturellen Verbesserungen im Kulturbereich, für die sich der Rat der Künste auch bereits vor Corona eingesetzt hat:
> Von der Selbstausbeutung in die Altersarmut – Künstlerinnen suchen Perspektiven: Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz, kurz AGG, das u.a. vor Altersdiskriminierung schützen soll, schließt Freiberuflerinnen und Künstler*innen aus. Es schützt auch nicht vor Benachteiligungen in Ausschreibungen in künstlerischen Förderprogrammen. Das Land NRW und die Landeshauptstadt Düsseldorf sollte Altersgrenzen aus seinen Förderkriterien verbannen.
> Wir gründen eine Künstlerinnen-Ateliergenossenschaft: Wir wollen für die Künstlerinnen und Künstler in der Landeshauptstadt eine gesicherte Zukunft schaffen. Dazu gehört Wohn- und Arbeitsraum, der auch für künftige Künstlerinnengenerationen sicher ist. Das formulierte Ziel des Rats der Künste ist die Gründung einer Wohnateliergenossenschaft, die ihre Mitglieder mit preisgünstigem Atelier- und Wohnraum in einem Gebäude versorgt. Dieses Gebäude soll auf einem Grundstück möglichst nachhaltig und innovativ und angepasst an die Bedürfnisse von Künstler*innen aller Sparten, jeden Alters und mit unterschiedlichen finanziellen Ausgangssituationen gebaut werden.
> „Kunstkoop“: Nach Vorbild des Niederländischen Projekts des Mondriaan Fonds und der Santander Bank soll Düsseldorf Deutschlandweit Vorreiter sein und ein Pilotprojekt starten, wo gemeinsam mit der NRW Bank oder der Stadtsparkasse zinslose Darlehen vergeben werden, um bei Düsseldorfer Galerien Kunst von noch lebenden Künstlerinnen erwerben zu können. Nicht nur werden dadurch Künstlerinnen, sowie Galerien unterstützt, auch werden gerade junge Menschen ermuntert, eine eigene Kunstsammlung aufzubauen und sich mit Kultur zu beschäftigen. Zudem kurbelt es die Wirtschaft an und generiert Steuereinnahmen. Nach einer Testphase kann dieses Projekt auch auf Landes- bzw. Bundesebene ausgeweitet werden.
> Kultur plus: Finanzierung eines spartenübergreifenden Förderfonds speziell für Düsseldorfer Künstlerinnen und Kulturprojekte, finanziert über eine Abgabe auf touristische Hotel-Übernachtungen. Damit soll die lokale freie Szene gestärkt werden und eine Kooperation zwischen den Künstlerinnen und Institutionen zur Umsetzung innovativer Projekte gefördert werden.
> Verwaltungsvereinfachungen für Genehmigungen und Zwischennutzungen: Zwischennutzungen tragen zu einem Imagewandel der aus dem Zyklus der Marktökonomie herausgefallenen Orte bei. Diese bieten Raum zum Experimentieren und zum Entwickeln von Ideen. Verwahrlosung von Flächen und Gebäuden wird vermieden und es entstehen ein Imagegewinn sowie eine Aufwertung für die spätere Entwicklung. Sie sind Keimzellen für neue innovative Ideen.
> Kulturraumsatzung in der Stadtplanung: Kunst und Kultur fördern die funktionale und soziale Vielfalt in den Städten und tragen somit erheblich zur Steigerung der Lebensqualität bei. Ohne den Schutz von vorhandenen und die Integration von neuen Kulturräumen in die Planung städtebaulicher Entwicklungen sind Teile der kulturellen und kreativen Diversität unserer Städte gefährdet. Der Rat der Künste regt eine zukunftsorientierte Strategie an, die auch auf das Schaffen und Öffnen von Räumen für die Kunst und Kultur abzielt
> realistische Zwischennutzungsmodelle: eine ressortübergreifende Zusammenarbeit der Verwaltungen, Ämter und die Zusammenarbeit mit Düsseldorfer Wohnungsbaugesellschaften, um die Öffnung und gemeinschaftliche Nutzung stadträumlicher Reserven für Stadtkultur voranzutreiben
- Last but not least: Es gibt auch Profiteure der Krise. Hier sollten wir gemeinsam überlegen, wie wir sie in eine solidarische Bewältigung der Folgen der Pandemie effektiv einbeziehen können. Herbert Grönemeyer hat dazu in der der ZEIT vom 5.11. unter der Überschrift „Geld ist genug da“ erste Vorschläge gemacht.